Was hat der legendäre Industriedesigner Dieter Rams mit moderner Software-Entwicklung zu tun?
Wer war Dieter Rams?
Dieter Rams gilt als einer der einflussreichsten Industriedesigner des 20. Jahrhunderts.
Als Chefdesigner bei Braun prägte er über Jahrzehnte das Bild funktionaler und zugleich ästhetischer Alltagsgeräte – vom Rasierer über Audio-Anlagen bis hin zu Möbeln für Vitsœ. Viele seiner Entwürfe sind heute Ikonen und stehen in Museen rund um die Welt.
Berühmt wurde Rams vor allem durch seine Haltung:
Er fragte sich früh, wie gutes Design eigentlich beschaffen sein sollte.
Aus dieser Auseinandersetzung entstanden in den 1970er-Jahren seine "10 Prinzipien für gutes Design".
Apples Designkultur rund um Jony Ive und die Ästhetik moderner Konsumelektronik sind maßgeblich von Rams inspiriert.
Sein Vermächtnis: Design ist mehr als Schönheit – es ist Verantwortung gegenüber den Menschen, die Produkte nutzen.
Die 10 Prinzipien von Dieter Rams – neu gedacht für Software-Entwicklung und Cybersecurity
1. Gutes Design Ist innovativ
In der Software geht es nicht um das "nächste Gimmick", sondern darum, echte Probleme auf neue Art zu lösen.
Cloud-Architekturen, KI oder Automatisierung werden erst dann zur Innovation, wenn Nutzer daraus einen spürbaren Mehrwert ziehen.
Cybersecurity lebt von Innovation. Neue Bedrohungen erfordern neue Verteidigungsmechanismen – von Zero Trust Architekturen bis hin zu KI-gestützter Angriffserkennung. Innovation heißt hier: Angriffsmethoden vorausdenken.
2. Gutes Design macht ein Produkt brauchbar
Software ist nur wertvoll, wenn sie im Alltag gebraucht werden kann – stabil, zuverlässig und praxisnah.
Ein Feature ohne Anwendungsszenario ist unnützer Ballast.
Sicherheitsfeatures sind nur sinnvoll, wenn sie im Alltag anwendbar sind.
Eine 20-stufige Passwortregelung ist unbrauchbar – Single Sign-On mit starker Authentifizierung hingegen verbindet Nutzen mit Schutz.
3. Gutes Design ist ästhetisch
Auch Software hat eine Ästhetik.
Klarheit in UI/UX, konsistente Designs und eine durchdachte Architektur machen sie nicht nur benutzbar, sondern auch angenehm erfahrbar.
Code kann ebenso elegant sein wie eine Benutzeroberfläche.
Sicherheitslösungen müssen sichtbar unsichtbar sein: elegant implementiert, ohne dass Nutzerabläufe unnötig komplex werden.
Eine harmonische Balance von Schutz und Nutzerfreundlichkeit ist wahre "Design-Ästhetik".
4. Gutes Design macht ein Produkt verständlich
Das Ziel ist Intuitivität: Software, die sich ohne dickes Handbuch erklären lässt.
Der gleiche Anspruch gilt für den Code: Wenn Entwickler den Aufbau sofort durchdringen, sinkt die Fehlerquote und die Wartbarkeit steigt.
Unverständliche Sicherheit ist unsichere Sicherheit.
Wenn Benutzer nicht begreifen, warum sie Maßnahmen treffen müssen (z. B. MFA, Datenverschlüsselung), umgehen sie sie.
Klarheit senkt das Risiko.
5. Gutes Design ist unaufdringlich
Software ist Support, kein Selbstzweck. Sie sollte den Nutzerfluss nicht unterbrechen.
Jede unnötige Benachrichtigung oder Zwangseingabe widerspricht diesem Prinzip.
IT-Sicherheit darf den Arbeitsfluss nicht blockieren.
Sicherheitsmaßnahmen sollten sich nahtlos in Prozesse eingliedern, sodass Menschen geschützt sind, ohne ständig "gegen die Software" zu arbeiten.
6. Gutes Design ist ehrlich
Transparenz ist entscheidend. Versprochene Features müssen halten, was sie ankündigen – sowohl in Marketingbroschüren als auch in der praktischen Anwendung.
Ehrliche Software erzeugt Vertrauen.
Nichts ist gefährlicher als ein trügerisches Sicherheitsversprechen.
"End-to-End-verschlüsselt" muss tatsächlich bedeuten, dass ausschließlich Sender und Empfänger Zugriff haben.
Ehrlichkeit baut Vertrauen bei Kunden und Anwendern.
7. Gutes Design ist langlebig
Technische Trends sind oft kurzlebig. Wer aber auf standardisierte, erweiterbare Architekturen setzt, schafft Software, die auch in fünf oder zehn Jahren noch Bestand hat.
So wird Nachhaltigkeit zur geschäftlichen wie technischen Stärke.
Sicherheitsarchitekturen dürfen nicht auf kurzfristigen Trends beruhen.
Patchbarkeit, Updatefähigkeit und klare Standards schaffen Systeme, die nicht morgen schon kompromittiert sind.
Cyber-Resilienz ist eine Langfristdisziplin.
8. Gutes Design ist konsequent bis ins Detail
Gute Software erkennt man daran, dass nichts dem Zufall überlassen wird: von durchdachten Microinteractions über klare Fehlermeldungen bis hin zu aussagekräftiger Dokumentation.
Detailtreue ist Respekt gegenüber Nutzern wie Entwicklern.
In Security gilt: die Kette ist nur so stark wie ihr schwächstes Glied.
Detailtreue – vom sicheren API-Design über Logging bis zur fein abgestuften Berechtigungsverwaltung – entscheidet, ob Systeme widerstandsfähig sind.
9. Gutes Design ist umweltfreundlich
Oft unterschätzt: Auch Software verbraucht Ressourcen.
Ineffizienter Code, überdimensionierte Cloud-Strukturen und unnötige Datenmengen erzeugen Energieverbrauch.
Ressourcenschonende Entwicklung heißt: Verantwortung auch für den Planeten.
Auch Security sollte ressourcenschonend gedacht werden.
Verschlüsselung, Monitoring und Backups benötigen Energie.
Effiziente Implementierungen senken nicht nur Kosten, sondern auch den ökologischen Fußabdruck.
10. Gutes Design ist so wenig Design wie möglich
Das KISS Prinzip, "Keep It Short And Simple! - Bleibe kurz und einfach!"
Reduziert auf das Wesentliche – nicht "alles können", sondern "das Richtige können".
Weniger Features, dafür mehr Klarheit, Effizienz und bessere Nutzerführung.
Weniger Code ist oft besserer Code.
In der Security gilt noch mehr: Komplexität ist Feind der Sicherheit.
Einfache, klar strukturierte Sicherheitsmaßnahmen funktionieren besser und sind weniger fehleranfällig als hochkomplizierte, kaum verständliche Systeme.
Warum diese Prinzipien heute aktueller denn je sind
Die Software-Welt ist geprägt von Schnelligkeit, Hypes und Trends.
Frameworks kommen und gehen, Features werden im Wettlauf mit Wettbewerbern veröffentlicht.
Doch das Ergebnis sind oft überladene, schwer wartbare und resourcenfressende Produkte.
Die Cyberwelt wächst exponentiell – Bedrohungen ebenso.
Unternehmen reagieren oft reflexartig mit immer mehr Tools, Prozessen, Policies.
Doch das Ergebnis sind oft schwerfällige, ineffektive Sicherheitssysteme, die im Ernstfall sogar versagen.
Dieter Rams erinnert uns daran, den Kern im Blick zu behalten:
Nutzen, Langlebigkeit und Respekt gegenüber dem Anwender.
Wer seine Prinzipien ernst nimmt, schreibt Code, der nicht nur funktioniert, sondern Werte schafft – heute und in Zukunft.
Sicherheitssysteme müssen nützlich, fair, langlebig, anwenderfreundlich und ehrlich sein – und nicht im Chaos von Tool-Sammlungen untergehen.
Fazit:
Dieter Rams hat mit seinen 10 Prinzipien zeitlose Regeln für gutes Design geschaffen.
Sie gelten nicht nur für Möbel und Geräte, sondern – im Kern – für alles, was Menschen nutzen.
In der Software-Entwicklung können wir daraus lernen, Produkte zu bauen, die nicht nur funktionieren, sondern die auch Bestand haben.
Regeln, die heute in der digitalen Welt von immenser Bedeutung sind.
Ob Software oder Cybersecurity:
Seine Prinzipien lehren uns, dass Design Verantwortung bedeutet.
Wer sie beherzigt, entwickelt nicht nur schöne Produkte – sondern sichere, nachhaltige und vertrauenswürdige digitale Ökosysteme.
Oder, um es mit Rams zu sagen: „Weniger, aber besser.“